Für den Frieden: Menschenkette in Dresden

Rund 10.000 Personen reihten sich am 13. Februar 2023 in die Menschenkette durch die Dresdner Innenstadt ein. Sie bekundeten damit ihre Solidarität mit den Opfern des Bombenangriffes auf Dresden und der Millionen Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Gleichsam machten sie auf die Opfer und das Leid gegenwärtiger Kriege aufmerksam und setzten ein entschlossenes Zeichen für Frieden und Freiheit in Europa und in der Welt ein.

Menschenkette am 13. Februar 2023 mit TUD-Rektorin Ursula Staudinger, OBM Dirk Hilbert, Staatsminister Martin Dulig und anderen. © Foto: Michael Kretzschmar

Als Versammlungsleiterin der Menschenkette rief TUD-Rektorin Ursula Staudinger die Teilnehmenden der Menschenkette auf: „Lassen Sie uns gemeinsam einstehen für eine demokratische Gesellschaft der gelebten Menschenrechte. Erheben wir gemeinsam die Stimme, wenn die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert werden. Lassen Sie uns gemeinsam einstehen für Frieden und Solidarität, wenn Täter- und Opferrollen verdreht werden, bis hin zur Legitimierung völkerrechtswidriger Kriege.“

Um 18 Uhr reichten sich Dresdnerinnen und Dresdner, Gäste der Stadt, Fremde und Freunde, Nachbarn und Familien die Hände und bildeten unter dem Motto „Frieden! Gemeinsam gestalten“ nach zwei Jahren Pandemie wieder eine Menschenkette um die gesamte Innenstadt. Zehn Minuten lang läuteten alle Glocken der Dresdner Innenstadtkirchen.

Menschenkette in Dresden für ein friedliches Miteinander

Über 3.000 Menschen reihten sich am Sonntag, 13. Februar 2022, in die Menschenkette unter dem Motto „Erinnern für eine Zukunft des friedlichen Miteinanders in Vielfalt“ in der Dresdner Altstadt ein. Gemeinsam erinnerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an die Zerstörung Dresdens vor 77 Jahren und setzten ein Zeichen gegen Hass und Gewalt und für eine demokratische, menschenwürdige und vielfältige Gesellschaft. 

Zum Auftakt der Menschenkette gab es in der Dresdner Kreuzkirche eine Veranstaltung. Nach der Ansprache von Oberbürgermeister Dirk Hilbert sprach TUD-Rektorin Ursula Staudinger, die die Menschenkette auch angemeldet hatte. „Mit dem Symbol des Lichtes und des menschlichen Bandes nehmen wir Stellung – im ganz wörtlichen Sinne – gegen gesellschaftliche Spaltung und
verhärtete Fronten auf den Straßen und Plätzen unserer Stadt“, sagte sie.

Eine Menschenkette als Symbol des friedlichen Miteinanders (Foto: Michael Kretzschmar)

In ihrer Rede betonte Staudinger, dass der Zivilisationsbruch, der in millionenfachem Mord mündete, mittendrin in der Gesellschaft stattgefunden hatte und auch Teil des Dresdner Alltags war. „Im Gedenken an dieses Grauen stehen wir heute wieder zusammen und bilden ein menschliches Band als Symbol unseres gemeinsamen Erinnerns und schöpfen daraus Kraft“, so Staudinger. „Es spielt dabei keine Rolle, woher wir kommen, welcher Weltanschauung wir sind, welche Sprache wir sprechen oder welche Bräuche wir pflegen. Ganz im Gegenteil meine ich, dass genau diese Diversität einen Teil unserer Kraft ausmacht.“

Erinnern durch neues Leben

„Aber Erinnern, auch gemeinsames Erinnern, verliert seine konstruktive Kraft, wenn es verkrustet“, gab Staudinger zu Bedenken. Deshalb sei man in Dresden schon seit einiger Zeit dabei, das gemeinsame Erinnern zu erneuern. Erinnern gehöre nicht ins Museum, sondern entstehe durch neues Leben und neue Lebenspraxis, die helfen Ängste vor Fremdem zu überwinden, Problemlösungen zu finden, Unterschiede zu nutzen anstatt gleichzumachen und die Schutz bieten statt wegzuschauen.

Nach der Veranstaltung in der Kreuzkirche bewegten sich die Anwesenden zum Altmarkt und reihten sich in die Menschenkette ein. Distanzbänder zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sorgten für den notwendigen Abstand zum Infektionsschutz. Die etwa viereinhalb Kilometer lange Menschenkette durch die Altstadt schloss sich pünktlich um 18 Uhr. Bekannte und Unbekannte, Nachbarn, Freunde, Familien, Dresdnerinnen und Dresdner, Gäste reichten sich die Hände während die Glocken der Dresdner Innenstadtkirchen läuteten.

Ursula Staudinger hält Leitvortrag auf ROSA Symposium in Singapur

Am 30. November 2021 veranstaltete das „Centre for Research on Successful Ageing“ (ROSA) der „Singapore Management University“ (SMU) sein erstes jährliches Symposium. Ursula Staudinger wurde eingeladen, den Hauptvortrag zu halten und an der Podiumsdiskussion teilzunehmen. Aufgrund der unsicheren Entwicklungen rund um die Omicron-Variante konnte sie nicht nach Singapur reisen, sondern nahm online teil.

Das Thema der Veranstaltung lautete „Neuanfänge – älteren Erwachsenen ermöglichen, in der endemischen Phase zu gedeihen“. Der Übergang in eine neue Phase der globalen Pandemie führt auch in Singapur zu großer Unsicherheit in der Bevölkerung darüber, was die Zukunft bringt. Das Land hat eine rasch alternde Bevölkerung und viele ältere Erwachsene hatten bisher Schwierigkeiten, die Pandemie zu bewältigen. Daher bedarf es eines proaktiven Ansatzes zur Gestaltung der Zukunft zum Wohle der Gesellschaft.

Ursula Staudinger hält den Leitvortrag auf dem ROSA Symposium

Mehr gesunde Jahre

In ihrem Leitvortrag betonte Staudinger, dass es eine Ehre für sie sei, mit ROSA verbunden zu sein. Sie freue sich darüber, dass sie über mehrere Jahre zur Entwicklung des „Singapore Life Panels“ beitragen konnte. „Für mich war Singapur schon immer eine vorbildliche Gemeinschaft und Nation darin, wie man das Altern angeht und wie man es optimiert“, sagte sie.

Staudinger teilte ihre neuesten Forschungsergebnisse mit den Teilnehmenden in ihrem Vortrag „The Positive Plasticity-Paradigm: Re-Thinking Human Aging“. „Im Hinblick auf die durchschnittliche Lebenserwartung kann menschliches Altern noch weiter optimiert werden, wenn wir die Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit verbessern“, stellte sie fest. „Und wir sprechen nicht nur von mehr Jahren, sondern von gesünderen Jahren.“ Staudinger erwähnte jedoch auch, dass es je nach sozioökonomischen Bedingungen große Unterschiede in Bezug auf die Zugewinne an Lebenserwartung innerhalb der Länder gebe. „Das zeigt uns, wie modifizierbar das menschliche Altern ist.“

Gesellschaftliches Umfeld ist entscheidend

„Das Altern des Menschen ist nicht vorherbestimmt“, so Staudinger weiter. „Vielmehr handelt es sich um ein sehr komplexes, mehrstufiges dynamisches System.“ Um das menschliche Altern zu verstehen, müsse man die drei Komponenten „Organismus“, „Person“ und „Kontext“ untersuchen. Diese drei Faktoren interagieren miteinander und beeinflussen den Alterungsprozess. „Das gesellschaftliche Umfeld, das wir gemeinsam schaffen, hat einen massiven Einfluss darauf, wie wir altern“, betonte sie. Anders als allgemein angenommen, beeinflusst die Genetik das Altern hingegen nur um etwa 20 Prozent.

Laut Staudingers Forschungen ist die Interaktion zwischen jüngeren und älteren Erwachsenen ein wichtiger Motivationsverstärker, der beispielsweise die Gehirnfunktion erhöht. Wenn Menschen älter werden, geben sie ihre Erfahrungen gerne an die jüngere Generation weiter. Daher sollten auch Gesellschaften des längeren Lebens und insbesondere Arbeitgeber entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Dabei sei jedoch entscheidend, dass sich ältere Erwachsene in einer generationenübergreifenden Arbeitsumgebung geschätzt und nicht gehemmt oder gar „veraltet“ fühlen. Denn dies hätte eine demotivierende Wirkung.

„Leider ist die COVID-19-Pandemie ein Faktor, der das menschliche Altern destabilisiert“, sagte Staudinger. „Die Pandemie ist nicht nur ein großes Risiko für die körperliche Gesundheit der Menschen, sondern beeinflusst auch unsere gesellschaftliche Struktur und führt zur Isolation, insbesondere der Älteren in unserer Gesellschaft.“ Wenn es älteren Menschen an sozialen Impulsen, emotionaler Unterstützung und körperlichem Kontakt mangelt, ist ihr Wohlbefinden und ihr Überleben gefährdet. Daher sollte man bei der Bewältigung der Pandemie dieser letzten Lebensphase besondere Aufmerksamkeit schenken. Denn sie wird wahrscheinlich nicht so schnell vorbei sein.

Ältere Erwachsene empfinden heutzutage mehr Zeitdruck

Eine neue Studie eines internationalen Forscherteams um Ursula Staudinger zeigt, dass sich ältere Menschen heute mehr gehetzt fühlen als noch vor 25 Jahren. Durch Wirtschaftswachstum und Modernisierung hat der wahrgenommene Zeitdruck zugenommen – ein Phänomen, das als „Social Acceleration“ (soziale Beschleunigung) bekannt ist. Bisher wurde dies vor allem bei jungen Erwachsenen und solchen mittleren Alters, die noch erwerbstätig sind, untersucht. Doch die neue Studie macht deutlich, dass dies auch bei Erwachsenen in ihren 70ern und 80ern der Fall ist.

Warum Zeitwahrnehmung wichtig ist

Wie man Zeit erlebt, hat Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden. Die zehn Co-Autor:innen wollten deshalb herausfinden, ob sich sozialgeschichtliche Veränderungen der Zeitwahrnehmung auch bis ins hohe Alter erstrecken. Sie betrachteten zwei Dimensionen der Zeitwahrnehmung: die subjektive „Geschwindigkeit der Zeit“ und den wahrgenommenen „Zeitdruck“. Bei der „Geschwindigkeit der Zeit“ handelt es sich um das wahrgenommene Tempo, mit dem die Zeit im Alltag abläuft. „Zeitdruck“ hingegen kann als das Gefühl verstanden werden, dass die Zeit, die für die Erledigung notwendiger Dinge zur Verfügung steht, knapp wird.

Zeitdruck kann nach bisheriger Forschung zu einer schlechteren körperlichen Gesundheit, Erschöpfungsgefühl, erhöhtem Blutdruck oder depressiven Symptomen führen. Bisher lag der Fokus jedoch vor allem auf Erwachsenen jungen und mittleren Alters im Arbeitskontext. „Es ist wichtig, die Auswirkungen auf die gesamte Lebensspanne zu berücksichtigen“, sagt Staudinger. „Menschen hören nicht auf, Teil der Gesellschaft zu sein, wenn sie in Rente gehen. Und sie haben noch viel Lebenszeit zur Verfügung.“

Nicht nur Erwerbstätige, sondern auch Rentner stehen unter zunehmenden Zeitdruck

Die Berliner Altersstudien

Um mehr über die Folgen für ältere Erwachsene herauszufinden, nutzten die Forschenden Daten aus angepassten Stichproben, die aus der Berliner Altersstudie Anfang der 1990er Jahre und der Berliner Altersstudie-II Mitte der 2010er Jahre gezogen wurden. Die sich rasant entwickelnde Metropolregion Berlin bietet einen idealen Rahmen für die Erforschung der sozialen Beschleunigung, da sie in den letzten 30 Jahren außerordentliche sozioökonomische und politische Veränderungen erfahren hat.

Was das Forschungsteam herausgefunden hat, ist, dass die später geborenen älteren Erwachsenen in den 1990er Jahren über mehr Zeitdruck berichteten als ihre gleichaltrigen Altersgenossen. Auf der anderen Seite unterschied sich die wahrgenommene Geschwindigkeit der Zeit nicht signifikant zwischen den Kohorten, obwohl die Wahrnehmungen früher geborener älterer Erwachsener unterschiedlicher waren.

Mögliche Erklärungen für erhöhten Zeitdruck

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass die gesellschaftliche Beschleunigung auch ältere Menschen betrifft, die längst nicht mehr erwerbstätig sind“, berichtet Staudinger. Eine von den Autor:innen vorgeschlagene Erklärung ist der sogenannte „Bucket-List-Effekt“, der sich auf einen jüngeren historischen Trend bezieht, dass ältere Erwachsene mehr freizeitbezogene und soziale Ziele verfolgen, die sie im mittleren Erwachsenenalter aufgeschoben hatten. Darüber hinaus verbringen die älteren Erwachsenen von heute mehr Zeit mit Freiwilligenarbeit als ihre früheren Altersgenossen.

„Wir brauchen definitiv mehr Forschung in diese Richtung, um diese Faktoren sowie andere mögliche Ursachen, die zu einem erhöhten Zeitdruck bei älteren Menschen führen, besser zu verstehen“, betont Staudinger. „Mit der Anpassung des gesetzlichen Rentenalters in Deutschland wird die Zahl älterer Erwerbstätiger zunehmen. Daher könnten diese Fragen zu beschleunigenden Trends entscheidende Relevanz erlangen.“

Die neue Studie:

Sociohistorical Change in Urban Older Adults’ Perceived Speed of Time and Time Pressure

Ursula Staudinger beim Kongress für Hochschulinnovation 2021

Am 14. Juni 2021 fand der Kongress für Hochschulinnovation 2021 im Amerikahaus München mit hochrangigen Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft statt. Gemeinsam diskutierten sie über Kernelemente eines zukunftsfähigen Hochschulsystems und wollten damit Impulse für politische Weichenstellungen setzen.

Podiumsdiskussion beim Kongress für Hochschulinnovation 2021 © Andreas Gebert

Die Veranstaltung – mit Publikum vor Ort – wurde als „hybride Zukunftswerkstatt“ vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, der Heinz Nixdorf Stiftung und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ausgerichtet. Rund 600 Interessierte nahmen daran teil. Gemeinsam mit Prof. Dr. Peter Frankenberg, Dr. Muriel Helbig und Prof. Dr. Rolf Tarrach Siegel nahm Prof. Dr. Ursula Staudinger an der Podiumsdiskussion zur internen Hochschulsteuerung teil. Der Vergleich von Governance-Modellen und die Machtfrage standen dabei im Mittelpunkt.

Mehr Partizipation für Perspektivenvielfalt

„Die Stärke der Universität in ihrer Autonomie liegt in der Freiheit von Lehre und Forschung – sowohl in ihrer kleinsten Einheit als auch im Aggregat als Institution“, sagte Staudinger. Durch partizipative Prozesse und eine Veränderung der Universitätskultur an der TU Dresden wolle sie dazu beitragen, die Keimzellen der Autonomie – die Professorinnen und Professoren – zu Agenten für die Zukunft der gesamten Institution zu machen. „Es klingt nicht nur schwierig, es ist schwierig“, berichtete sie. Es bedeute, in einem stetigen Gespräch mit verschiedenen Status-Gruppen und Hierarchie-Ebenen zu bleiben. Ziel sei dabei, die daraus entstehende Perspektivenvielfalt als Stärke und Innovationsmotor zu nutzen.

Ursula Staudinger beim Kongress für Hochschulinnovation 2021 © Andreas Gebert

Ein wichtiger Aspekt sei auch eine existierende Fehlerkultur und die damit einhergehende Risikobereitschaft. „Wir haben nicht gelernt, dass einen Fehler zu machen oder zu versagen der Beginn des Erfolges ist“, betonte sie. Dies müsse man noch viel stärker in die Institution hineintragen. Denn in Deutschland und besonders an den Hochschulen sei man nach wie vor eher risikoscheu.

Business Intelligence für Weiterentwicklung

„Wenn wir in unserer Strategie- und Steuerungsfähigkeit besser werden wollen, müssen wir uns eine systematische Business Intelligence erarbeiten“, sagte Staudinger weiter. Nur wenn man dauerhaft und zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf die wichtigsten Informationen habe, sei eine Weiterentwicklung der Universitäten möglich. Dabei gehe es nicht nur um klassische Leistungsparameter wie sie an den Exzellenz-Universitäten abgefragt werden, sondern um individuelle Steuerungsgrößen, an denen man sich messen lassen möchte.

„Hochschulbildung und -forschung als öffentliches Gut zu definieren und zu verankern, sollte uns sehr viel Wert sein“, betonte Staudinger. Es sei wichtig, dass Universitäten von den öffentlichen Förderern eine Planungssicherheit bekommen. Allerdings könne es dabei nicht um eine Ausfinanzierung gehen. „Ich glaube, es entsteht auch eine Innovationskraft, wenn wir uns weitere Finanzierungsquellen als Universität erschließen.“ Neben Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen gehöre auch eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Gesellschaft dazu, um neue Finanzierungsmöglichkeiten zu erschließen und gleichzeitig die Rolle der Universität selbst als gesellschaftliche Akteurin besser wahrzunehmen.

Das Themenspektrum des Kongresses für Hochschulinnovation 2021 war breit. Fachleute aus mehreren Bundesländern sowie der Bundesregierung stellten sich zahlreicher Fragen während der Podiumsdiskussionen am Vormittag und parallel stattfindenden Foren am Nachmittag. Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl im Herbst ging es wiederholt darum, welche politischen Rahmenbedingungen benötigt werden, damit Hochschulen auch künftig Orte für Innovationen sein können. Die Ergebnisse des Kongresses werden im Herbst 2021 zusammenfassend veröffentlicht.